Ein Gastbeitrag von Tanja: Über Vereinbarkeit und dumme Sprüche

Die liebe Andrea, die ich über Twitter kennen lernen durfte, hat mich eingeladen, auf ihrem Blog etwas über ihr Schwerpunktthema, die Vereinbarkeit, zu schreiben…

Spontan könnte ich vermutlich ein Buch darüber füllen, was Vereinbarkeit oder Nicht-Vereinbarkeit für mich als Alleinerziehende mit 2jährigen Zwillingen und Full Time Job bedeutet > das Übliche, Dinge die viele berufstätige Eltern tangieren, wie z. B. begrenzte Kita Zeiten, schier endlose Kita Schließzeiten, Home Office usw. usf.

Der eigentliche Auslöser gerade jetzt zum (digitalen) Schreibwerkzeug zu greifen, ist mein letzter Tag Arbeitstag vor dem Urlaub und eine heftige Auseinandersetzung mit einem (sehr) jungen Kollegen – wobei seine Einstellung auf sehr viele junge und überwiegend männliche Kollegen übertragbar ist!

Besagter Kollege kommt nach einem Kreuzfahrturlaub zurück ins Büro. Statt, wie üblich erst einmal in epischer Breite von seinem Urlaub zu berichten, beginnt er sich mit verdrehten Augen und doofen Sprüchen darüber auszulassen, dass unsere Kollegin zu Hause ist, da ihre Tochter (bald 2) eine schwere Bronchitis hat.

Besonders die männlichen Kollegen stellen das gerne so dar, als wären sie die einzigen die arbeiten. Der Kollege hat übrigens erst seit einem Jahr ausgelernt. Über diese herablassende Arroganz ist mir soooooo der Kragen geplatzt…

Exkurs: Meine Kollegin und ich waren, bevor wir Mütter wurden, der Typ Arbeitnehmer, der morgens das Licht an und abends wieder aus gemacht hat. Wir sind gegangen, wenn das Tagewerk, sofern möglich, geschafft war. Feste Arbeitszeiten und Wochenenden waren Fremdwörter für uns. Wir haben beide ein massives Problem damit, den Griffel pünktlich und unabhängig von den Türmen auf dem Schreibtisch einfach fallen zu lassen, nur weil die Uhr Feierabend anzeigt! Es wurmt niemanden mehr als uns, dass unsere frühere Flexibilität fast nicht mehr existiert! Feierabend ist zu einer fixen Uhrzeit geworden, da die Kita für uns nicht ihre Öffnungszeiten verlängert.

Ich erwarte nicht, dass mir irgendwer (außer vielleicht der Murmelpapa) Respekt und Anerkennung zollt. Ich erwarte aber, dass es respektiert und akzeptiert wird, wenn wir bei unseren kranken Kindern daheim bleiben!

Liebe Männer, selbst der stressigste Tag im Büro ist entspannter als mit kotzenden Kindern zu Hause zu sein!

Sprüche, wie z. B. “dann bleib ich nächste Mal auch zu Hause, wenn der Köter meiner Perle Dünnschiss hat!“, sind so was von daneben… alle weiteren Kommentare dazu sind leider nicht jugendfrei!

Liebe Leser, der obige Spruch ist leider keine Ausgeburt meiner Fantasie sondern O-Ton! Er wurde im vergangenen Jahr von einem (anderen) Kollegen geäußert, als ich das zweifelhafte Vergnügen hatte, die Vorweihnachtszeit (und den Jahresendspurt) mit zwei Magen-Darm-Kranken Kindern (und Home Office) zu Hause zu verbringen.

Der junge Kollege hat am Mittwoch meine ganze Wut zu dieser arroganten Haltung abbekommen. Mir ist so der Kragen geplatzt, darüber, wie sehr man teilweise gegängelt wird, wenn man Kinder hat!

Diese jungen männlichen Kollegen wollen alle irgendwann mal Kinder… und das bitte in einer Familie nach klassischem Rollenbild. Sie scheinen noch nicht bemerkt zu haben, dass die Welt sich verändert hat und hoffentlich noch weiter verändern wird.

Was bringt es, wenn Frauen um Vereinbarkeit kämpfen, wenn der Staat wirklich irgendwann die Voraussetzungen dafür schafft… wenn die “Gesellschaft“ dies nicht akzeptiert?

Nachtrag: Ich schreibe hier über meine ganz persönlichen Erfahrungen in meinem Arbeitsalltag. Natürlich bin ich mir darüber im klaren, dass nicht alle Männer so denken und da bin ich auch verdammt froh drum. Es ist keinesfalls meine Absicht, irgendwen anzugreifen oder pauschalisiert zu urteilen.

Danke und viele liebe Grüße

Tanja

 

Danke liebe Tanja und ich ziehe meinen Hut davor, was Du täglich „vereinbarst“. Dafür sollte Dir nicht nur der Murmel-Papa Respekt zollen!
Noch mehr aus dem Leben der alleinerziehenden Zwillings-Mama Tanja findet ihr auf Twitter.

6 Kommentare

  1. Alleinerziehend mit Zwillingen? 2 Jahre alt? Ich habe Zwillinge, aber nicht alleinerziehend. Ich arbeite auch nur spärlich in einem sehr geschützten Rahmen. Wenn wir beide auf See sind, dann tuckere ich auf einem Binnenwasser in einem Kahn und du bist mit diesem Kahn grad auf dem Ozean. RESPEKT.

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    • Danke… vor allem für den lieben Vergleich 🙂
      So schlimm ist es zum Glück nicht…

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  2. Bei einem jungen kinderlosen Kollegen kann man als „Endschuldigung“ immer noch absolutes Unwissen anführen…was mich als „alte“ Mutter mit zwei Kleinkindern aufregt sind ältere KollegInnen, die die Kinder aus dem Haus haben und scheinbar nie kranke Kinder hatten. Das bringt mich auf die Palme! Und die dummen Kommentar wenn ich gegen 15.00 Uhr das Büro verlasse…“ach ist es schon wieder so spät..?“ Ja, verdammt ist es! und ich hab bereits 6.00 Uhr im Büro begonnen und bin nicht erst gegen 9.00 Uhr nach einem ausgiebigen Spaziergang mit dem Wuff hier aufgeschlagen…SO!!

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    • Ja… und nein…
      Der Kollege, der den Hundespruch raus gehauen hat, kannte meine Kollegin und mich bevor wir Mütter wurden! Er weiß, wie wir in unserem Leben schon malocht haben!
      Das “Problem“ mit den älteren Kollegen ist mir zum Glück völlig fremd. Die meisten Älteren kennen mich schon viele Jahre und zollen mir eher Respekt für meinen Spagat.
      Wie definierst Du “alte Mutter“? Ich war bei der Geburt der Murmels 36 und werde jetzt 39… 😉

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  3. …ich war beim ersten Kind „schon“ 32 und beim zweiten 34, was statistisch völlig im Rahmen liegt, aber gerade in den Augen der älteren KollegInnen ist man da in den neuen Bundesländern schon „Spätgebärende“ und weil eben diese mit 40 ihre Kinder aus dem Haus hatten, zeigen die manchmal recht wenig Verständnis, aber das sind zum Glück Ausnahmen, die meisten ziehen eher den Hut, das ich trotzdem meine 40 Stunden Woche mache, aber dann eben mit straffen Zeitplänen und ohne 15.00 Uhr Termine, was manchmal schwer zu kommunizieren ist.

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  4. Schöner Artikel:)

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