Unser Leben ist ein Wartezimmer – niemand ruft uns auf. Unser Dopamin das sparen wir, falls wir es noch mal brauchen….. und die Geschichten die wir dann erzählen werden, werden traurige Konjunktive sein: einmal bin ich fast nen Marathon gelaufen – und hätte fast die Buddenbrooks gelesen…
(Quelle: Julia Engelmann / One day baby)
In diesem Poetry-Slam habe ich mich selbst wiederentdeckt. Denn viele unzählige Male habe ich mir vorgenommen mehr Sport zu machen, einen Marathon zu laufen, ja einfach sportlich was zu reißen. Und dann – ja dann kam auch mir immer dieser Alltag dazwischen!
Doch am 20. Juni 2014 habe ich meine Geschichte geändert.
Ich bin meinen ersten Triathlon in der Volksdistanz gelaufen.
600 Meter Freiwasserschwimmen (d.h. im See)
20km Radfahren – mit ein paar Höhenmetern dazu
6km Laufen
Morgens um 6.00 Uhr war ich schon so nervös wie lange nicht mehr.
Erst die Abholung der Startunterlagen, dann das Vorbereiten meines Equipments in der Wechselzone.
Danach mussten wir lange 1,5 Stunden warten, denn vor uns starteten noch die Olympiasche-Distanz (1,5 Schwimmen, 40 km Rad, 10 km Laufen) und die dazugehörigen Staffeln.
Als ich die ersten Sportler aus dem Wasser laufen sah Richtung Wechselzone, hatte ich Tränen in den Augen!
Das Schwimmen war meine schwächste – und somit auch meine Angstdisziplin!
Ich wusste ich werde nur Brustschwimmen – und 600 Meter ohne Beckenrand und in offenem Gewässer sind sehr lang!
Je näher der Start rückte desto mehr nahm ich alles um mich herum nur noch mit einem Tunnelblick wahr. Ich begann nur noch mit mir selbst zu reden – alles um mich rum auszublenden.
Beim Schwimmstart stellte ich mich recht mutig in das vordere Drittel des Starterfeldes und legte die ersten 100 Meter sogar im Kraulstil zurück.
5 Minuten nach uns starteten dann noch die Volksdistanz Staffeln – und nach ca. 10 Minuten konnte ich „von hinten“ ein konstantes Kraulgeräusch hören und wurde von jeder Menge Staffelschwimmern überholt.
Wie ein ewiges Mantra sagte ich mir: Es ist egal wie schnell die Anderen sind. Du musst gleichmäßig und sauber schwimmen. Dann schaffst Du das schon. Ganze 5 mal nahm ich auf den 600 Metern einen Schluck vom Seewasser, da ich aus dem Takt kam oder einen Fuß ins Gesicht bekam. Doch ich machte weiter. Mit meinem Mantra – und dem Schwimmen.
Als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte hatte ich das Gefühl zu schweben. Ich hatte die Schwimmstrecke gepackt – sogar noch vor meinen beiden männlichem Mitstreitern, die in den letzten Monaten hin und wieder mit mir trainiert hatten.
Mir konnte keiner mehr was! Schon das Laufen zur Wechselzone und die ersten Anfeuerungsrufe meiner Familie genoss ich in vollsten Zügen.
Schnell aufs Rad und weiter ging es.
Ich war die Strecke vor dem Rennen einmal im Koppeltraining abgefahren und so wusste ich, welche Berge mich erwarteten und wann es möglich war Gas zu geben.
Ja – sogar Bergauf hatte ich Spaß beim Radlen und überholte den ein oder anderen Rennteilnehmer. Ich stellte mir vor, wie ich später mit meinen Jungs durchs Ziel laufen würde und hatte sofort Tränen in den Augen. Ich genoss jede Sekunde auf dem Rad. Die Fans an der Strecke gaben zudem einen extra Kick.
Der Wechsel vom Rad zum Laufen ist ziemlich hart. Der erste Kilometer ist eine unglaubliche Umstellung für die Oberschenkel. Und die Wettkampfstrecke ging direkt bergauf.
Ich kam ziemlich gut los und überholte auch hier am Berg einige andere Athleten. Ich fieberte meinem Zieleinlauf und dem Bezwingen dieses Wettkampfs so entgegen. Das verlieh mir unglaublich viel Kraft! Kraft von der ich mir gar nicht bewusst war, dass sie in mir steckt.
Die letzten 200 Meter der Laufstrecke war gesäumt von Zuschauern, die jeden Läufer feierten.
An der 50 Meter Marke warteten meine beiden Jungs.
Ich streckte meine Arme aus und sie liefen zu meinen Händen.
Hand in Hand liefen wir gemeinsam ins Ziel.
Das Gefühl durchs Ziel zu laufen und den Triathlon bezwungen zu haben – es war sogar noch besser, als ich es mir während des gesamten Wettkampfs vorgestellt habe.
Ich habe viel gelernt von mir im letzten halben Jahr.
Ich wollte mir selbst beweisen, dass ich nicht im Konjunktiv lebe. Dass ich konsequent sein kann – auch wenn es um mich selbst geht.
Das Training war nicht immer leicht! Oftmals wäre ich lieber auf der Couch gesessen als durch den Wald zu laufen. Aber jeder Meter, den ich hinter mich gebracht habe, hat sich gelohnt!
Ich habe meinen ersten Volkstriathlon in 1:52h zurückgelegt. Für mich waren das fast 2 Stunden voller Dopamin – voller Glück und Stolz auf mich selbst.
Dopamin ist ein biogenes Amin aus der Gruppe der Katecholamine und ein wichtiger Neurotransmitter. Im Volksmund gilt es als Glückshormon. Die psychotrope Bedeutung des Dopamins wird allerdings hauptsächlich im Bereich der Antriebssteigerung und Motivation vermutet. (Quelle: Wikipedia)
Mit mir haben diese 1:52h Dopamin tatsächlich beides gemacht.
Unglaubliches Glücksgefühl und eine große Motivation auf keinen Fall aufzugeben.
Nächstes Jahr will ich auf jeden Fall wieder starten – und mich verbessern.
Dieses Dopamin – ich will es wieder spüren!
4 Tage nach dem Rennen war ich sogar schon wieder zwei mal Laufen.
Nur 30 Minuten – aber es waren meine 30 Minuten – ohne Kindergeschrei. Zum Runterkommen, Nachdenken und Fallen lassen.
Alleine dieses Qualiy-Time beim Training – nur für mich – das ist es schon alles wert!
Denn das machen wir Mütter viel zu selten!
Und einfach mal Zeit für uns zu nehmen!
Lieber Gruß
Eure Andrea
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