Ok, die Headline ist erst mal etwas provokant. Obgleich sie eigentlich auch genau so gemeint ist. Denn ich finde, in den letzten Jahren ist unsere gesunde Streitkultur immer mehr verloren gegangen. Und mit ihr unser Engagement, unsere Haltung und unser Rückgrat.
Lasst uns streiten – fair, offen und auf Augenhöhe
Sehe ich in die Sozialen Netzwerke habe ich das Gefühl, jeder hat eine Meinung. Zu allem und jedem. Und diese wird auch nach außen getragen – komme was wolle. Quellen prüfen, Meinungen hinterfragen war gestern – heute tippe ich ein paar Worte in das Eingabefeld meines Profils, teile einen Artikel und habe dabei das kurzzeitige Gefühl meinen Standpunkt bezogen zu haben.
Doch beginne ich mit Freunden zum Beispiel über Politik zu sprechen, wird es auf einmal ganz schön leise. Nicht einmal 140 Zeichen bringen die meisten heraus, um mit mir ihre Sicht der Dinge von Angesicht zu Angesicht zu teilen. Meinung und Haltung im echten öffentlichen Raum scheint kaum noch EnVogue zu sein.
Die Sache mit dem Engagement – das viel zu selten zu finden ist
Ebenso verhält es sich mit dem Engagement. Nach vielen Jahren Elternsprecher und Co kann ich sagen: Am Ende sind es immer die gleichen 5 Eltern, die sich für das Sommerfest, den Kuchenverkauf beim Flohmarkt oder den Klassenausflug melden. Der Rest der Elternschaft schweigt, sobald es um die Frage nach Unterstützung geht. Da helfen auch keine versucht provokanten Aufforderungen wie “ Es wäre schön, wenn sich auch mal andere Eltern melden würden.“ Denn auch das führt nicht zu mehr Engagement. Für euch getestet…
Warum ich nicht scheue meine Meinung zu sagen
und mich andere Meinungen interessieren
Die liebe Nina von Frau Mutter führte mit mir vor einigen Tagen ein Interview zu meinem politischen Engagement innerhalb einer Partei und unseres Ortsvereins. Und auch, wenn ich zur Bundestagswahl 2017 aus privaten, zeitlichen Gründen leider nicht besonders aktiv war, halte ich diese Arbeit für sehr wichtig. Warum könnt ihr hier bei Nina lesen.
Was ich aber dennoch gemacht habe und auch weiterhin tun werde: Ich beziehe Stellung und versuche einen offenen, ehrlichen Diskurs zu führen.
Ich sage, was ich denke
Einige Menschen im meinem Netzwerk haben zum Beispiel in den letzten Monaten immer wieder provokante Artikel zur Flüchtlingspolitik gepostet und damit die Angst-Politik, die vor allem der Afd zu so viel Macht verholfen hat gefördert.
Dabei habe ich nicht weggesehen wie viele Andere. Ich habe meine Gegenmeinung dazu gepostet – habe mich in die öffentliche Auseinandersetzung mit ihnen begeben und auch in direkte, persönliche Gespräche. Wir haben diskutiert, gestritten und uns aneinander gerieben. Wir haben Standpunkte klargemacht und Gemeinsamkeiten zwischen all dem Zwist entdecken können. Wir haben uns von einander entfernt und wieder zu einander gefunden. Wir haben einen echten Diskurs geführt.
Mehr als einmal wurde ich gefragt, warum ich mir das (immer wieder) antue?
Das habe ich nicht gemacht, weil ich ein Gutmensch bin, oder die Haltung habe, dass nur meine Meinung die einzig richtige ist. Ich habe das gemacht, weil ich die Menschen in meinem Umfeld verstehen will. Ich will wissen was sie antreibt, was sie bedrückt und allem voran möchte ich sie verstehen! Ich möchte in einen Diskurs. Ich möchte in den Austausch und im Gespräch bleiben. Genau das ist auch der Grund, warum ich mich politisch engagiere.
Probleme lassen sich nur durch Engagement und Gespräche klären
Meinen Kindern sage ich immer – wie auch sicherlich viele andere Eltern: “ Wir können das Problem nur dann lösen, wenn Du mir sagst was los ist“. Doch das, was wir bei unseren Kindern propagieren, scheinen wir selbst verloren zu haben. Und das finde ich unglaublich schade und es macht mich auch traurig.
Denn wenn wir aufhören über Probleme zu reden, zu versuchen den Anderen zu verstehen und gemeinsame Lösungen zu finden, wohin glauben wir, dass wir uns dann gemeinsam hinbewegen?
Ich glaube in die falsche Richtung!
Was meint Ihr?
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