Warum mich die #MeToo Kampagne wütend macht

Warum mich die #MeToo Kampagne wütend macht

Seit ca. 3 Wochen reden wir auf vielen Kanälen, sei es dem Internet, dem TV, im Radio oder auch im Privaten über den Fall Harvey Weinstein und die daraus entstandene virale #MeToo Welle. Eine Welle voller öffentlicher Äußerungen rund um sexuelle Gewalt, sexuelle Belästigung oder übergriffigem Verhalten von primär Männern. Und nachdem ich die Sendung „Anne Will“ am Sonntag zu dem Thema gesehen habe brodelt es in mir.

 

#MeToo – Warum es immer noch wichtig ist über Sexismus zu reden

 

Vorab gesagt. Auch wenn ich die gesellschaftliche Diskussion die aktuell daraus entstanden ist wichtig und richtig finde, ist es denke ich wichtig, darüber zu sprechen was der Auslöser des Ganzen war und welche Handlung und welches Täter-Opfer-Verhältnis dahinter steckt.

 

Der Fall Harvey Weinstein

 

In diesem Fall geht es um sexuelle Belästigung und Vergewaltigung die Harvey Weinstein gegenüber von ihm abhängigen Schauspielerinnen verübt hat. Die Übergriffe waren also nicht nur anzügliche Sprüche oder ein „hinterherpfeifen“ auf der Straße, sondern weitaus strafrechtlich schwerwiegender.

 

Daher finde ich es zum einen wichtig diese Dinge zu trennen. Denn die Anzahl der Männer die körperlich sexuell übergriffig werden ist zum Glück gering. D.h. wir dürfen die Männer nun nicht alle in die gleiche Schublade wie Herrn Weinstein stecken.

 

Dennoch ist es so – und das ist mir wichtig zu betonen – gibt es so etwas wie „Alltagssexismus“. Das sind diese kleinen, fiesen Bemerkungen am Rande, diese vermeidlichen Schenkelklopfer oder diese subtile Demonstration von Überlegenheit durch verbale Attacken, die nun mal leider ein Großteil von uns Frauen in unserem Leben bereits erleben mussten.

 

#MeToo – die Reaktion im Netz

 

Die virale #MeToo Kampagne hat im Netz und besonders auf Twitter, auf der das Thema von Alyssa Milano gestartet wurde, viele Geschichten über sexuellen Missbrauch von (überwiegend) Frauen hervorgebracht und das ist gut so. Denn für viele Frauen war dies die Möglichkeit über ihre Erfahrungen über sexuelle Belästigung endlich zu sprechen.

Doch was eben auch passiert ist: Es haben sich auch Frauen zu Wort gemeldet, die verbal oder nonverbal auch im Kleinen belästigt wurden. Und diese Art von Tweets, in denen es jetzt nicht um körperliche sexuelle Übergriffe geht, haben eine bizarre Reaktion der Männer hervorgerufen:

 

Versteht mich nicht falsch – auch ich habe Situationen wie diese bereits erlebt. Aber an der Reaktion der Männer können wir sehen wie gefährlich es ist, diese beiden Themen zu vermischen und wie sie genau diese Vermischung zu ihrer Gegenwehr verwenden.

Hilfe ich bin ein Mann: Was darf ich denn jetzt noch?

 

Und genau hier kommen wir zu dem Thema, das mich ehrlich gesagt an dieser gesamten Diskussion rund um #MeToo ärgert. Die Reaktion der Männer.

 

 

WIRKLICH?

Also ich meine wirklich? Ist das die Reaktion, die Männern dabei einfällt, wenn wir über ein schon lange anhaltendes, in allen Schichten unserer Gesellschaft vorkommendes Problem reden und endlich mit dem Finger darauf zeigen? Die Opferrolle? Wie wäre es mit Solidarität und wertschätzendem Verhalten? Wie wäre es mit dem Übernehmen von Verantwortung?

 

Die Reaktionen im Netz und in meinem privaten Umfeld sind zum Großteil folgende:

 

  1. Fall Brüderle:
    Naja, der hat halt ein Glas Wein zu viel getrunken und einen blöden Spruch gemacht!

 

„Ja – er hat einen blöden Spruch gemacht! Einen, der sehr anzüglich war und unangemessen für diese Art von beruflicher Beziehung“ Und auch wenn sein damaliges Gegenüber Laura Himmelreich sagt Herrn Brüderles Aussagen haben sie nicht traumatisiert. Vielleicht ist es einfach so, dass wir Frauen an einem Punkt angekommen sind, an dem wir nicht mehr bereit sind darüber hinwegzusehen! An dem wir die Ausrede „er hatte halt zu viel getrunken“ als Ausrede für unangemessenes Verhalten nicht mehr gelten lassen! Sicherlich könnten wir das – denn das haben wir in der Vergangenheit oft sehr großzügig getan. Aber vielleicht wollen wir dies einfach nicht mehr! Und das ist der große Unterschied!

 

  1. Bald traue ich mich wegen dieser Sexismus Debatte gar nicht mehr eine Frau anzusprechen!

Liebe Männer – mal ganz ehrlich! Wenn ihr nicht mehr den Unterschied erkennt zwischen charmant und anzüglich, zwischen angebracht und unnötig, zwischen geschmacklos und witzig – dann ist es für euch wohl Zeit einen Knigge-Kurs zu machen!

Zudem steht Euch diese Opferrolle nicht sonderlich gut! Nein – ich empfinde dieses Einnehmen als Opfer sogar als ziemlich lächerlich und anmaßend!

  1. Also ich mach so was ja gar nicht!

Ja – das du empfindest, dass du keine anzüglichen Sprüche von Dir gibst mag ja so sein. Aber hast Du denn deinem Kumpel, als er das letzte Mal einen dummen Spruch zur Kellnerin gemacht hat, mitgeteilt, dass der Spruch nicht so gut war? Hast Du Dich in der Diskussion die jetzt entstanden ist unter den vielen wirklich schlechten „Sprüchen“ von vielen Männern im Netz auf die Seite der Frauen geschlagen und sie verbal unterstützt?

 

 

Wie wäre es mal mit aktiv werden?

 

 

Wisst ihr, was ich mir von den Männern jetzt wünschen würde? Dass sie aufmerksam und aktiv werden. Das sie Antennen entwickeln um in Meetings zu merken, wann genau diese „beiläufigen Sprüche“ fallen. Dass sie sich im Netz auch mal gegen ihr eigenes Geschlecht stellen, wenn hier Grenzen überschritten werden.

Ich wünsche mir, dass die Männer bereit sind ihr eigenes Denken und Handeln zu hinterfragen – in den Diskurs zu gehen – und sich aktiv für eine Gesellschaft ohne Sexismus einsetzen.

Denn nur dann werden wir in diesem Thema – wie auch der Gleichstellung, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und den vielen anderen Themen die gerne den Frauen zugeschrieben werden – einen schnellen und echten Fortschritt sehen.

Und wenn sie das nicht tun, dann wird es noch mehr #MeToo Kampagnen geben. Dann werden die Männer noch öfter zur Rechenschaft gezogen werden für das Verhalten ihres Geschlechts und sich genau diese Vorwürfe auch weiterhin anhören müssen.

 

Ich habe das Gefühl:
Das Fass ist übergelaufen!

 

Ich habe das Gefühl das Fass ist übergelaufen. Die Frauen, die jetzt um die 30 sind, sind nicht mehr bereit über diesen Alltagssexismus hinwegzusehen!

Sie sind nicht mehr bereit für weniger Lohn zu arbeiten und sie wollen eine echte Vereinbarkeit von Familie und Beruf, in der auch der Vater eine echte, aktive Rolle spielt.

Ja, das mag für Männer ein wenig viel auf einmal sein. Das kann ich sogar verstehen!

 

Aber Opferhaltung und Gegenangriff sind im Falle eine Beschuldigung immer die schlechtesten Lösungen. Das bringen wir schon unseren Kindern bei.